
03.2015 | FinTechs - als Antwort auf die Bankenkrise. Erfüllen Start-ups die Konsumentenwünsche von heute?
Die Bankenbranche ist im Umbruch – und das bietet neuen Ideen und innovativen Produkten gute Chancen, sich auf dem Markt zu etablieren. Darüber waren sich zumindest die Diskutanten am Podium des vergangenen „Alpbach Talks“ einig, der am 26. März mit 150 interessierten Besuchern im „Haus der Industrie“ über die Bühne ging. Nicht ganz eindeutig fiel die Antwort auf die zentrale Frage der hochkarätig besetzten Diskussion aus: Erfüllen Start-ups die Wünsche Konsumenten in der heutigen Finanzwelt besser als die traditionellen Banken?
Mag. Christian Führer (HYPO NOE) saß als Bankenvertreter in der von Daniel Cronin geleiteten Diskussion gleich drei Vertretern erfolgreicher „FinTechs“ gegenüber: Andreas Kern (WIKIFOLIO), Hannes Aigner (HOLVI) und Paul Pöltner (CONDA) zeigten mit ihren Produkten und Geschäftsideen die Vielfalt der Finanz-Startups, Marina Wittner (Club Alpbach NOE) vertrat die Sicht der Konsumenten.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten fanden die Teilnehmer der teils recht kontroversiellen Diskussion zwischen den Geschäftsmodellen. „Banken und deren Berater verkaufen ihren Kunden meist einfach das Produkt, bei dem sie selbst am meisten verdienen“, fiel Andreas Kerns Befund für die Bankberatung deutlich aus. Christian Führer kontert: „Natürlich müssen wir als Dienstleister über Gebühren unsere Leistung verdienen, schließlich haben wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bezahlen“, so der Vorstand der Landesbank, der aber versöhnlich anschließt: „Gibt es für innovative Produkte, wie Wikifolios, eine Möglichkeit, sie kostendeckend zu vertreiben, ist das sicherlich auch für Banken interessant“. Das wiederum steht im Widerspruch zu Kerns Zugang: „Unser Modell baut darauf auf, dass User ihre Veranlagungsstrategien zur Verfügung stellen und andere diese Profile anwenden können. Gebühren sind da nicht vorgesehen“, so der Gründer des erfolgreichen IT-Startups, das mittlerweile täglich 10 Mal soviel Geld umsetzt wie die Wiener Börse. Ja, tatsächlich 10 Mal so viel!
In puncto Beratung und Kundenkontakt haben die Startups klare Ansichten: „Je erfolgreicher und ausgefeilter das Produkt, desto seltener ist der Kontakt zum Kunden“, ist Hannes Aigner überzeugt, der sich dabei vor allem auf die verständlichen technischen Lösungen und selbsterklärende Leistungen bezieht. Banken setzen nach wie vor stark auf kontaktintensive Beziehungen zum Kunden, wiewohl Christian Führer einräumt: „Die Möglichkeiten moderner Technologien müssen da sicherlich zu einem Umdenken führen“. Als Anbieter von Kontoprodukten mit Extras wie Rechnungslegungs-Tools oder einem Online-Shop für Unternehmen sieht er, genau wie Hannes Aigner selbst, HOLVI aber nicht zwingend als Konkurrenz zu den traditionellen Bankhäusern. Denn auch, wenn die Qualität der Bankberatung am Podium von Konsumenten und Startups kritisch gesehen wird: Ganzheitliches Service und kompetente Betreuung sind für die Kunden immer noch ein wichtiges Argument, schließlich wird es durch neue Produkte und Dienstleistungen nicht einfacher, sich in der Finanzwelt zurecht zu finden.
Dazu wird es in Zukunft nach Ansicht der Diskutanten aber auch mehr Wissensvermittlung zum Konsumenten brauchen.
Vertrauen spielt für Konsumentenentscheidungen eine Schlüsselrolle - besonders, wenn es ums Geld geht. CONDA-Gründer Paul Pöltner unterstreicht dabei: „Bei Crowdinvesting/Crowdfunding, wie wir es bei CONDA betreiben, geht es den Investoren immer um Transparenz und Information. Und natürlich um die Frage, ob sie in die Entwicklung der Unternehmen vertrauen können. Sein eigenes Bild kann sich jeder Investor auf der CONDA Plattform machen.“ Das erschütterte Vertrauen vieler Konsumentinnen und Konsumenten seit der Bankenkrise möchte der Staat mit einer Vielzahl von Regulatorien wiederherstellen. Gerade diese behindern vielfach die Banken, was Kundenfreundlichkeit und Service betrifft: „Wenn wir heute gezwungen sind, Verträge mit unzähligen Seiten an Erklärungen und Warnhinweisen zu versehen, sorgt das oft mehr für Verunsicherung“, weiß Christian Führer. Auch für Konsumentenvertreterin Marina Wittner liegt darin ein Hindernis für die Bank-Kunden-Beziehung, das aber auch eine Kehrseite hat. „Startups, die Bankprodukte anbieten, unterliegen noch nicht so strengen Regelungen wie die Bankhäuser – das heißt, als Kunde muss man sich umso mehr selbst informieren oder sich auf Empfehlungen verlassen“, sieht Wittner Vor- und Nachteile zugleich.
Fazit der fast zweistündigen Diskussion, die auch mit vielen Fragen aus dem interessierten Publikum ergänzt wurde: FinTechs können dank überschaubarer Strukturen, neuer Technologien und transparenter Geschäftsmodelle oft besser auf die Konsumentenwünsche von heute reagieren, bieten direkteren Kontakt und haben durch weniger strenge Regulatorien für all das noch mehr Spielräume. Zugleich können Sie aber Banken nicht ersetzen und bilden großteils nur Teilaspekte der Finanzbranche ab. Banken hingegen hinken dem technologischen Fortschritt noch hinterher, ihre teils behäbigen Strukturen und strenge Vorgaben behindern ihre Anpassungsfähigkeit. Scheint also, als wären Kooperationen, ein Voneinander-Lernen und eine laufende Weiterentwicklung auf beiden Seiten jene Wege, die der Finanzbranche und den Kundinnen und Kunden in Zukunft am meisten dienen.
„Warum beschäftigen wir vom Club Alpbach NÖ mit diesem Thema: - von der Bankenkrise zu FinTechs als Antwort – Fokus Kundenorientierung?
Club Alpbach NÖ ist ein starkes Netzwerk junger Persönlichkeiten. Uns liegt viel an einem – innovativen, prosperierenden Standort Österreich, der Chancen für jungen Menschen eröffnet und wertschaffendes berufliches Engagement ermöglicht. Daher möchten wir Themen zur Diskussion stellen, die uns bewegen, und die für unsere Zukunft in diesem Land von Bedeutung sind. Der Gründer und Chef des chinesischen Internet-Unternehmens Alibaba Jack Ma hatte bei seiner Eröffnungsrede der Cebit-Konferenz in Deutschland kürzlich folgende Botschaft an die Gäste: „Die Maschinen der Zukunft laufen nicht mit Öl, sie laufen mit Daten. Es ist aber nicht die Technologie, die die Welt verändert, es sind die Träume hinter der Technologie.“ Wir müssen uns die Frage stellen: Wie schaffen wir es, dass das nächste „Facebook“ oder „WattsApp“ oder „Instagram“ ein europäisches, bestmöglich österreichisches und kein US-amerikanisches Unternehmen ist? Die Digitalisierung ist eine enorme Chance für etablierte Unternehmen im Bankenbereich und darüber hinaus, aber vor allem auch für Start ups, die es zu nützen gilt. Danke an unsere Kooperationspartner – die Junge Industrie Niederösterreich sowie Hypo NOE Gruppe Bank, dass wir uns mit diesem wichtigen Zukunftsthema befassen.“
Wir bedanken uns bei unseren Sponsor Partnern, der HYPO NOE und der Jungen Industrie für die gute Zusammenarbeit und die gelungene Veranstaltung.